Gemeinde Osterburken (Druckversion)
Autor: Elena Hausch
Artikel vom 29.04.2021

G9 für alle allgemeinbildenden Gymnasien gefordert

Osterburkens Bürgermeister Jürgen Galm und GTO-Schulleiterin Regina Krudewig-Bartel kritisieren in einem Schreiben die Pläne der Landesregierung

Bei der Durchsicht der Sondierungsergebnisse der künftigen baden-württembergischen Koalitionsparteien, der Grünen und der CDU, im Hinblick auf die Schulpolitik sorgte ein knapper Satz bei Osterburkens Bürgermeister Jürgen Galm nicht gerade für Frühlingsgefühle: „Keine Strukturde-batte: Das achtjährige Gymnasium bleibt die Regelform.“ Denn hierbei schwingt gleichzeitig mit, dass die sogenannten „Modell-Versuche“ an landesweit 44 Gymnasien, die nach dem Umstieg auf das achtjährige Gymnasium bereits seit zwei Legislaturperioden das alte G9 unter neuem Namen anbieten dürfen, fortgeführt werden, während alle anderen Gymnasien wie das Ganztagsgymnasium in Osterburken (GTO) sprichwörtlich in die Röhre schauen, weil sie den vor allem bei Eltern beliebten G9-Zug weiterhin nicht anbieten dürfen.

Auch wenn die Schulträgerschaft des GTO formal beim Landkreis liegt, ist Galm das Ganztagsgymnasium als wichtiger Teil des schulischen Angebots in der „Schulstadt“ Osterburken ein persönliches Herzensanliegen. Daher nahm er auch umgehend Kontakt mit der GTO-Schulleiterin Regina Krudewig-Bartel auf und schlug ihr vor, das Ganze nicht so einfach „kampflos“ hinzunehmen.

Gemeinsam haben sich die beiden nun mit deutlichen Worten an die politischen Entscheidungsträger gewandt. In einem dreiseitigen Schreiben, das dem Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann, den Fraktionsvorsitzenden der Grünen und der CDU, den Mitgliedern der Arbeitsgruppe „Kultus“ der Koalitionsverhandlungen sowie dem Landtagsabgeordneten Peter Hauk (CDU) zuging, fordern sie die Gleichberechtigung aller allgemeinbildenden Gymnasien in Baden-Württemberg.

Darin berichten Galm und Krudewig-Bartel, dass das GTO trotz der nach wie vor anhaltenden Anerkennung als Ganztagsgymnasium mit einem einzigartigen pädagogischen Konzept unter den Ungleichheiten der Schulstrukturen im Land leidet. Verstärkt werde dieses Gefühl der Ungleichbehandlung dadurch, dass das GTO rundum umgeben sei von neunjährigen „Modell-Gymnasien“ – etwa in Adelsheim, Buchen, Lauda-Königshofen und Mosbach.

An vielen dieser „Modell-Gymnasien“ gibt es de facto keine einzige Klasse mehr, die im Regel-G8-Zug unterrichtet wird, weil sich viele Eltern dazu entschließen, ihr Kind für den G9-Zug anzumelden. Auch das GTO wäre sofort dazu bereit, einen solchen G9-Zug einzurichten, wenn es denn nur dürfte.

Obwohl die Zahlen und Fakten – so Galm und Krudewig-Bartel – mittlerweile deutlich belegen würden, dass der Zulauf zu den 44 privilegierten G9-Modellgymnasien im Land ungebremst sei und hierdurch Schülerströme nachhaltig verändert würden, reagiere die Politik nicht auf diese Entwicklung. Im Gespräch mit Schulleitern und Bürgermeisterkollegen erleben Krudewig-Bartel und Galm diesbezüglich großen Ärger und Unverständnis.

Schließlich machen beide ihrem Ärger über das zahlenmäßig eingeschränkte sogenannte „Modell-Projekt“ wie folgt Luft: „Und mit Verlaub: Von einem ,Modellversuch‘ kann bei der bereits mehrmaligen Verlängerung nicht mehr die Rede sein. Vielmehr handelt es sich mittlerweile um ein politisches Privileg, das 44 bevorzugten Gymnasien im Land zugesprochen wird.“

Falls diese Modellversuche weiterhin verlängert würden, ohne dass die restlichen Gymnasien im Land dasselbe Recht erhielten, fänden die beiden das alles andere als fair und sprichwörtlich eine schreiende Ungerechtigkeit. Denn damit würden bestehende Ungleichheiten verstärkt sowie auf Dauer verfestigt.

Laut Krudewig-Bartel und Galm seien die aktuellen Koalitionsverhandlungen für die Entscheidungsträger der richtige Ort und Zeitpunkt, um im Zuge einer Gleichbehandlung aller allgemeinbildenden Gymnasien korrigierend einzugreifen. In ihren Augen wäre es das erstrebenswerte Ziel, allen Gymnasien des Landes die Freiheit einzuräumen, sowohl einen acht- als auch einen neunjährigen Gymnasialzug anzubieten. Falls dies – trotz des eindeutigen Wunsches der Bevölkerung – politisch nicht gewollt sei, müsse man sich überlegen, wie man auf andere Weise eine Gleichstellung aller Gymnasien im Land herstellen könne.

Bei allem Unmut über die gegenwärtig vorhandene Ungleichheit in den Schulstrukturen freuen sich sowohl Galm als auch Krudewig-Bartel dennoch auf die Zukunft des GTO in dem geplanten modernen Neubau. Das GTO selbst habe schließlich als eines der ersten Ganztagsgymnasien in Baden-Württemberg bereits vor über 50 Jahren Modellcharakter gehabt und findet in dieser Form bis heute landesweit Beachtung sowie Anerkennung.

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